“Jede/r hat das Recht auf klare, zugängliche, rechtzeitige und
aussagekräftige Informationen über die Art und das Ausmaß der
Bedrohung ihrer/seiner Gesundheit."
(Esteban Beltrán, Direktor der spanischen Sektion von Amnesty
International, vor der Kommission für wirtschaftlichen und sozialen
Wiederaufbau des spanischen Parlaments, Gruppe Europäische Union, 12.
Juni 2020)
1.1. Problemstellung
Nach der Erklärung der SARS-CoV-2-Virus-Epidemie zu einer Pandemie durch
die Weltgesundheitsorganisation im Frühjahr 2020 häuften sich
national-staatliche Versuche zu ihrer Eindämmung: von der Datenerhebung
durch Tests und entsprechende Quarantänen über Reise-Restriktionen,
Einschränkungen der Bewegungsfreiheit allgemein bis hin zu mehr oder
weniger ausgeprägten regionalen und gesamtstaatlichen sogenannten
"Lockdowns".
Die Bedeutsamkeit einer Pandemie erweist sich vor allem an ihren
Auswirkungen auf das Sterbegeschehen von Gesellschaften.
Entsprechend verfolgten alle diese Maßnahmen das Ziel, durch
Unterbrechung der Infektionsketten die Zahl der durch die Pandemie
verursachten schweren Verläufe und Todesfälle zu verringern und die
Kurve der Zahl der Infizierten zeitlich zu strecken, auch um so eine
Überlastung der Gesundheitssysteme zu vermeiden.
In Deutschland wurde im April 2020 ein "Szenarienpapier" aus dem
Bundesinnenministerium publik (heute
aufrufbar auf der Seite des Bundesinnenministeriums. Auch
einzusehen bei den Materialien,
heruntergeladen am 16.05.2021), in dem, "um die gewünschte
Schockwirkung zu erzielen", gefordert wurde und wird, wegzukommen "...
von einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate", hin
zur Verdeutlichung der "konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf
die menschliche Gesellschaft":
"Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus
gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu
Hause. (…)
Wenn sie (die Kinder, R.W.) dann ihre Eltern anstecken, und einer davon
qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein,
weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu
waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann."
Medien veröffentlichten ihre Darstellungen der Pandemie-Situation und
der Reaktionen der Regierungen verschiedener Staaten. Dies geschah vor
allem durch losgelöste Zahlen von Test-Ergebnissen, also Infizierten,
Krankenhauseinweisungen, notwendig werdenden Intensiv-Behandlungen und
invasiver Beatmung sowie Todesfällen im Zusammenhang mit der
Virus-Infektion.
In beiden Ländern, die Gegenstand der vorliegenden Studie sind,
konzentrierte man sich auf absolute Zahlen ohne Bezugsgrößen,
das heißt ohne ihren Kontext, in dem sie notwendigerweise gesehen
werden müssen und ohne den sie ihren Sinn verlieren. Man
beschränkte sich auf detaillierte Diskussionen der Wirkungsweisen und
Aussagekraft von Tests, der möglichen Überlastung des Gesundheitswesens,
der Auslastung von Intensivbetten, fehlender Beatmungsgeräte, der
Bedeutung der Inzidenz oder der R-Werte und der Wirksamkeit von
Schutzmasken im Freien und in Innenräumen.
Auch die Symptomatik der Lungenentzündung und Probleme der
Leichenbestattung an ausgewählten Orten wurden regelmäßig beleuchtet,
ebenso wie die langfristigen Auswirkungen bzw. Spätfolgen der
Erkrankung.
Die Bedeutsamkeit einer Pandemie jedoch bemisst sich vor allem nach
ihrer Auswirkung auf das Sterbegeschehen von Gesellschaften, das – wie
die Geburten - von den damit beauftragten national-staatlichen
Institutionen seit langer Zeit registriert und seit einigen Jahren von
einigen europäischen Ländern einer zentralen Erfassungsstelle in
Kopenhagen, EuroMoMo, mitgeteilt wird.
In dem hier vorliegenden ersten Schritt wird deshalb der Versuch
unternommen, für zwei der Staaten, Spanien und Deutschland, die sehr
unterschiedliche Verläufe der Pandemie erfahren haben, die Veränderungen
im Sterbegeschehen während der sogenannten "ersten Welle" im Frühjahr
2020 nachzuzeichnen.
Einem zweiten Schritt bleibt es vorbehalten - möglicherweise
kontrastierend mit den Abläufen einiger weiterer Länder - Aufschlüsse zu
gewinnen über die Auswirkungen der jeweils ergriffenen Maßnahmen auf den
Verlauf des Sterbegeschehens.
Das Sterbegeschehen im Frühjahr 2020 in Spanien und Deutschland im Vergleich zum allgemeinen Sterbegeschehen in beiden Ländern
Tenagua, 12. Juni 2020
1. Problemstellung und Zusammenfassung der Ergebnisse
*Aus Gründen der Vergleichbarkeit stelle ich die offiziellen Daten hier dar, obwohl ich weiß, dass ein Tod mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion nicht bedeutet, dass sie den Tod verursacht hat. Der Tod könnte durch eine andere Krankheit eingetreten oder durch die Infektion beschleunigt worden sein. Beides ist vermutlich in den Fällen geschehen, in denen eine oder mehrere Vorerkrankungen vorhanden waren.
1.
Problemstellung und Zusammenfassung
1.1
Problemstellung
1.2. Zusammenfassung
2.1. Das allgemeine Sterbegeschehen
2.2. Das Sterbegeschehen in Spanien zwischen Februar und Ende Mai 2020
Tabelle 1: Monatliche Sterbefälle (alle Ursachen) in Spanien zu Grippe- und COVID-19-Zeiten
3.1. Das allgemeine Sterbegeschehen3.2. Das Sterbegeschehen in Deutschland zwischen Januar und Ende April 2020
Tabelle 2: Monatliche Sterbefälle (alle Ursachen) in Deutschland zu Grippe- und COVID-19-Zeiten
6. Persönliche Nachbemerkungen im Mai 2021
PDF-Download
aller Seiten zu diesem Thema auf Deutsch
34
Seiten, 900 KB
Ich bin dankbar für Hinweise auf Fehler und Verbesserungsvorschläge: r_a_wagner@gmx.de